Fahrassistenzsysteme für Motorräder dienen in erster Linie der Fahrsicherheit durch Kontrolle des sogenannten Schlupfes, um die Maschinen besser beherrschbar zu machen. Ungeübte Fahrer profitieren dabei von der vereinfachten Kontrollierbarkeit des Bikes, während dieselben Techniken geübten Pilotinnen und Profi-Rennsportlern gern genutzte Ansätze liefern, die Leistungsabgabe zu perfektionieren und auf die Straße zu bringen.

Fahrassistenzsysteme für Motorräder
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Weitläufig bekannt ist hierbei das seit 2017 für Neufahrzeuge gesetzlich vorgeschriebene Brems-ABS (Antiblockiersystem), das mittlerweile so etabliert ist, dass es von Vielen überhaupt nicht mehr als elektronisches Gimmick wahrgenommen wird. Ganz im Gegensatz zum Kurven-ABS als weiterentwickelte Variante, die den Fahrer oder die Fahrerin dabei unterstützt, ein Bike auch beim Bremsen in Schräglage in der Spur zu halten. Zu diesen ‚Klassikern‘ gesellten sich mit den Jahren weitere Helferlein wie Traktionskontrolle, MSC, Launch-Control und andere elektronisch geregelte Systeme, die fahrdynamisch eingreifen, wenn das Bike wegzurutschen droht.

Hinweis: Grenzen von Assistenzsystemen: Fahrassistenten bergen starke Sicherheitsvorteile, gänzlich verhindern können sie Unfälle aufgrund von Gripverlust hingegen nicht. Ein Kurven-ABS beispielsweise ist in dem Moment wirkungslos, in dem die Räder auch ohne Bremsung wegrutschen würden. Dies gilt so auch für die Traktions- und die Stabilitätskontrolle. Immerhin, vorausgesetzt das Bike ist fahrwerkstechnisch in Schuss, kann sich der Pilot oder die Pilotin ohne Angst schrittweise an ihre persönlichen Limitierungen herantasten.



Was ist Schlupf?

Schlupf (oder engl. Slip) bezeichnet die Abweichung der Geschwindigkeiten von Reifen (Umdrehungsgeschwindigkeit) und Fahrbahn (tatsächliche Fahrgeschwindigkeit), die miteinander über Reibung in Kontakt stehen. Gibst du beispielsweise Gas beim Anfahren, dreht sich das Rad ein Ticken schneller, als die tatsächliche Fahrgeschwindigkeit beträgt.

Angegeben wird Schlupf in Prozent. Beim Auskuppeln während der Fahrt rollt das Motorrad und die Umdrehungsgeschwindigkeit der Räder beträgt annähernd die tatsächliche Fahrgeschwindigkeit. Der Schlupf liegt in diesem Fall bei 0 %. Demgegenüber beträgt bei einem Burnout (Gasgeben bei angezogener Handbremse) die tatsächliche Geschwindigkeit 0 km/h, während die Umdrehungsgeschwindigkeit des Hinterrads sehr hoch ist. Der Schlupf beträgt in diesem Fall 100 %. 

Schlupfarten

Unterschieden wird der Schlupf in Beschleunigungs-, Brems- und Querschlupf.

Beim Burnout handelt es sich um einen  Beschleunigungsschlupf, bei blockierenden Rädern (meist das Hinterrad) um einen Bremsschlupf  (weil das Rad still steht, das Motorrad sich aber immer noch fortbewegt).

Querschlupf kann auftreten, wenn du in Schräglage in der Kurve oder beim Herausbeschleunigen aus einer Kurve zu viel Gas gibst. Hierbei steigt der Schlupf an, im Extremfall bis zum Komplettverlust der Haftung mit anschließender Rutschpartei. Oder bis zu einem Highsider, der ebenfalls eine mögliche Folge sein kann, wenn sich der Grip noch während des Rutschens wieder aufbaut, das Bike ruckartig aufrichtet und den Fahrer abschleudert. Eine Schlupfregelung wie MSC kann hier zwar helfend eingreifen, gänzlich verhindern lassen sich Querschlupfunfälle aber nicht. Aber immerhin kann sich der oder die Fahrer(in) mit weniger Risiko an die Haftungsgrenzen herantasten.

Schlupfregulierung

Als grobe Richtlinie für einen erstrebenswerten Schlupf gelten um die 20 %. Hier hat der Reifen die maximale Bodenhaftung, die er sowohl bei einer Gefahrenbremsung (ohne ABS) als auch beim Anfahren auf schlüpfrigen Fahrbahnoberflächen oder bei zu viel Gas verlieren kann. Fahrassistenten wie ABS (Antiblockiersystem) und die Antriebsschlupfregelung (ASR) greifen dann helfend ein, beim ABS durch Bremsdruckreduzierung auf Vorder- und Hinterrad, beim ASR durch Antriebsreduzierung am Hinterrad.

Bei beiden Systemen (ABS und ASR) messen Sensoren ständig die Raddrehzahlen, vergleichen sie miteinander und errechnen so den aktuellen Schlupf für jedes Rad zu jedem Zeitpunkt. Wird die kritische Grenze erreicht (Blockieren beim Bremsen, Durchrutschen beim Anfahren), greift der jeweilige Assistent ein. Beim ABS bedeutet dies eine Reduzierung des Bremsdrucks, wenn der Schlupf hoch, sowie eine Steigerung des Bremsdrucks, wenn er wieder abgefallen ist. Dies ist der Regelbereich des ABS, den du als Fahrer als Stottern der Bremse wahrnimmst. Bei der ASR ist das Prinzip ganz ähnlich. Die Unterschiede liegen darin, dass durch die Traktionskontrolle zum einen nur das Hinterrad betroffen ist, und zum anderen in die Leistungsabgabe eingegriffen wird (weniger Antriebskraft, wenn der Schlupf ansteigt).

Motorrad-ABS

Antiblockiersysteme (ABS) für Motorräder entsprechen in ihrer Funktion im Wesentlichen denjenigen, die in Autos verbaut sind. Sie sind in der Europäischen Union seit 2016 gesetzlich vorgeschrieben. Ein Motorrad-ABS erfasst in der einfachsten Form über Sensoren im Vorder- und Hinterrad die Drehzahlen beider Räder, analysiert diese und  und berechnet darüber den ->Schlupf der Räder.

Unterscheiden sich die Drehzahlen, beispielsweise weil bei einer harten Bremsung ein Rad langsamer dreht als das andere (oder eines bei Bremsung auf nasser Fahrbahn stillsteht), greift die Hydraulikeinheit des Bremssystems ein, öffnet ein Ventil und verringert den Bremsdruck an jenem Rad, das sich nicht der Eigengeschwindigkeit des Motorrads entsprechend dreht.

ABS

Kurven-ABS

Bei der Weiterentwicklung des Systems, dem Kurven-ABS, verwertet das Bike neben dem Schlupf der Räder auch die aktuelle Schräglage des Motorrads, die über Gyro-Sensoren vermittelt wird, und verringert unter Berücksichtigung der Seitenführungskraft den Bremsdruck bei einer Gefahrenlage.

Traktionskontrolle 

Die Traktionskontrolle ist ein elektronisch geregelter Fahrassistent zur Überwachung der Hinterradhaftung. Alternativbegriffe sind Antriebsschlupfregelung (ASR), automatische Schlupfregelung und aktive Schlupfregelung. Davon abgesehen variieren die Bezeichnungen für die Traktionskontrolle in Abhängigkeit vom jeweiligen Motorradhersteller. Neben ASR (Antriebsschlupfregelung) gebräuchlich sind unter anderem TCS (Traction Control System), ETC (Electronic Traction Control System) und BTCS (Brake Traction Control System).

Traktionskontrolle, Motorrad auf verschneiter Straße_Bing_KI
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Unterschreitet die Reibung zwischen Reifen und Untergrund einen in der Software des Assistenten hinterlegten Wert (Gripverlust), nimmt der Assistent Einfluss auf die Kraftübertragung, damit das Hinterrad nicht durchdreht und in der Folge unter Umständen zu einem Sturz führt. Gripverlust droht beispielsweise, wenn mit unangemessener Gasüberdosierung angefahren wird, so auf nasser Fahrbahn, weichem Boden, auf Schnee und Eisglätte oder Kopfsteinpflaster. Auch das gefährliche Wegrutschen beim Beschleunigen aus der Kurve heraus gehört in diese Kategorie. 

Ermittelt wird die Grip-Abweichung über den Motor (Drehmoment), den Bremsen (ABS-Sensoren) oder über beide Komponenten gleichzeitig. Bekommt die Traktionskontrolle ihre Daten einzig über die Bremsen, ist dessen Funktionalität auf Anfahrsituationen begrenzt. Nur eine Traktionskontrolle, die (auch) über den Motor gesteuert wird, arbeitet unabhängig von der Geschwindigkeit.

Vorteile

  • Verbesserte Fahrstabilität (je nach System limitiert auf Anfahrsituationen).
  • Reifen werden geschont (weniger Überhitzungen, weniger Verschleiß).
  • Reduktion des Highsider-Risikos – aber kein Ausschluss und nur bei Systemen mit Motorsteuerung! Weshalb die Anbieter von MSC-Lösungen prinzipiell statt von ‚Verhinderung‘ auch nur von ‚positiver Beeinflussung‘ reden.

Kein Allheilmittel

Jede Traktionskontrolle ist nur so gut, wie FahrerIn und Bike es zulassen. Erstere (Piloten) benötigen allen technischen Hilfestellungen zum Trotz genügend Fahrgefühl und antrainierte Erfahrung, Letztere (Bikes) ein gut abgestimmtes Fahrwerk. Die Traktionskontrolle ist dann das Sahnehäubchen oben drauf, ein ‚Little Helper‘, der unauffällig im Hintergrund auf einen seiner seltenen Einsätze wartet und ansonsten dazu dient, dass sich die Piloten ohne Angst an ihre persönlichen und fahrwerkstechnischen Limits herantasten können.

Motorrad-Stabilitätskontrolle (MSC)

Die von Bosch entwickelte Motorrad-Stabilitätskontrolle (MSC) ist eine Weiterentwicklung des hauseigenen ABS-Verbundbremssystems, bei dem Hinter- und Vorderradbremse zusammengeschaltet sind und für beide Räder die bestmögliche Bremskraft ermittelt und angewendet wird, unabhängig davon, ob nur die Hand- oder Fußbremse betätigt wird. Ein zusätzlicher Schräglagensensor öffnet das System obendrein für Kurvenfahrten, während die Werte für Nickrate und Längsbeschleunigung ein abhebendes Hinter- oder Vorderrad erkennen.

MSC stabilisiert das Bike in kritischen Situationen beim Beschleunigen und Bremsen, auch in starker Schräglage. Hierfür greift es mehr als 100-mal pro Sekunde die von den Sensoren gelieferten Informationen ab und erlaubt sowohl die bestmögliche Verzögerung in Kurven als auch kontrolliertes Beschleunigen auf schwierigen Fahrbahnen.

Gripverlust bei High-/Lowsider

Highsider

Ein Highsider kann als Folge eines ansteigenden Gripverlusts in Schräglage entstehen. Hierbei steigt der Schlupf beim Beschleunigen in Schräglage an und zwingt das Bike in eine stärkere Querlage zur Fahrbahn.

Verliert das Hinterrad in dieser Situation nicht gänzlich die Haftung und rutscht weg (beispielsweise auf einer regennassen Fahrbahn), kann es passieren, dass durch die Querlage (und/oder erschrockenes Gaswegnehmen) genügend Last reduziert wird, so dass sich der Grip wieder aufbaut. Resultat: Das in die Querlage rutschende Fahrzeug stellt sich urplötzlich quer auf und schleudert den Fahrer durch die Luft.

Lowsider

Ein Lowsider ist demgegenüber ein weniger fataler Sturz, der über das Vorderrad passiert. Hierbei wird die Front in der Schräglage zu stark belastet, das Vorderrad klappt ein und das Bike fällt auf die Seite der Schräglage.

Im Vergleich zum Highsider bleibt es oft bei einer verhältnismäßig ‚harmlosen‘ Rutschpartie, dies gilt aber oft nur für Unfälle auf Rennstrecken mit Auslaufflächen. Im Alltag kommt es hingegen nicht nur darauf an, wie schnell man unterwegs war, sondern auch darauf, wie die Umgebung gestaltet ist (Bäume, Leitplanken, Gräben, Gegenverkehr, etc.).

Hinweis: Rutscht beim zu forschen Einlenken in eine Kurve das Vorderrad weg, nutzt auch keine Traktionskontrolle. Die ist nur für das Hinterrad zuständig. Überhaupt können Fahrzeugassistenten wie Traktionskontrolle oder MSC die gefürchteten Highsider nur in gewissen Grenzen verhindern. Immerhin sind Traktionskontrollen bei Querlagen aber die Wahrscheinlichkeit eines Auftretens minimieren, weil sie dabei helfen, die Grenzen der Haftung risikoärmer kennenzulernen, wortwörtlich zu erfahren.

Gripverlust bei Chattering

Chattering ist die Bezeichnung für ein Grip-Problem, das im Zuge der Reifenentwicklung entstanden ist. Mit dem Bestreben, immer haftfähigere Gummis in immer steiferen Karkassen anzubieten, nahm und nimmt man in Kauf, dass (auch gerade dank des hohen Gripvermögens) ein Rad nicht mehr konstant wegrutscht, wenn die Haftfähigkeitsgrenze erreicht ist. Im Gegenteil rutscht der Reifen beim Chattering nicht mehr gleichmäßig über den (trockenen) Belag, sondern er geht in eine schwer zu kontrollierende pulsierende Bewegung über, springt sozusagen punktuell über die Fahrbahnoberfläche.

Gripverlust beim Runterschalten: Hopping

Wer beim Wort ‚Hopping‘ jetzt ans Hoppeln denkt, liegt gar nicht so verkehrt. Hopping entsteht, wenn beim Anbremsen frühzeitig in einen Gang heruntergeschaltet wird, der der aktuellen Geschwindigkeit nicht angemessen ist. Hierbei kommen zwei Dinge zum Tragen: Zum einen wird durch den Bremsvorgang das Hinterrad entlastet und verliert Traktion. Zum anderen liegt beim schnellen Auskuppeln in einen zu kleinen Gang abrupt die Drehzahl des Motors am Hinterrad an, das daraufhin durch die Motor-Bremswirkung einen erhöhten Schlupf erzeugt. Meist so hoch, dass das Hinterrad blockiert. Geschieht dies beispielsweise beim Anbremsen vor einer Kurve, sind durchaus ein paar dieser Hüpfer möglich – sofern der Fahrbelag trocken ist.

Abhilfe schaffen Anti-Hopping-Kupplungen, die bei Rennmotorrädern mittlerweile nahezu flächendeckend angetroffen werden. Sie trennen die Kraftübertragung nicht schlagartig sondern weich und erzeugen so einen gewissen internen Schlupf, der verhindert, dass die Kraft direkt aufs Hinterrad wirkt. Mit Anti-Hopping-Kupplungen sind schnelles Herunterschalten und Auskuppeln möglich, während das Bike ruhig, stabil und ohne Heckstempeln auf der Bremse liegt. Im normalen Straßenverkehr konnten sich Anti-Hopping-Kupplungen wegen der erhöhten Fahrsicherheit wenig überraschend insbesondere bei hubraumstarken Sportmotorrädern mit zwei Zylindern durchsetzen (da diese von Natur aus eine spürbar größere Motorbremse haben).

Abhebeschutz: Wheelie/Stoppie-Control

Wheelie-Control

Wheelie-Control sorgt dafür, dass das Vorderrad bei starkem Gasgeben und/oder ungünstiger Gewichtsverteilung nach hinten nicht über einen vorgegebenen Betrag vom Boden abheben kann. Erkennt das System eine Überschreitung, greift es in die Gasannahme ein und erlaubt nicht mehr, als für eine maximal effektive Anfahrt notwendig ist.

Wheelie
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Launch-Control

Launch-Control gehört zur Gruppe der Wheelie-Control-Fahrassistenten und sorgt für eine maximal mögliche Beschleunigung aus dem Stand heraus, ohne dass hierbei das Vorderrad den Bodenkontakt verliert, also eine Raddrehzahl anliegt, die das Bike mit optimalem Schlupfgrad beschleunigt. Hierbei handelt es sich in aller Regel um ein System, das sich auf eine Drehzahlbegrenzung während des Anfahrens beschränkt und sich dann automatisch bei Erreichen einer bestimmten Geschwindigkeit abschaltet. Bei teuren Ausführungen ist auch die Kupplung zusätzlich zu diversen Eingriffen in die Gemischaufbereitung in den Vorgang involviert.

Ist der Assistent aktiviert, kann der Pilot mit weit aufgerissenem Gas durchstarten (Rennstart), ohne einen Kontrollverlust befürchten zu müssen. Das Motordrehmoment wird automatisch in einen Bereich reduziert, der einen maximalen Vortrieb ermöglicht. Wird Vorderradabheben erkannt, verringert die Automatik für einen kurzen Moment die Drehzahl.

Ab einer bestimmten, einprogrammierten Geschwindigkeitsgrenze schaltet sich der Assistent ab, zumindest in den teureren Ausführungen auch beim Einlegen des dritten oder vierten Ganges, einer Schräglage über einem bestimmten Wert und beim Ausschalten des Motors oder der Zündung. (Das heißt, wer an diesen Bikes Launch-Control nutzen möchte, muss dies immer ausdrücklich einschalten. Der Grund liegt darin, dass die Kupplung sehr stark gefordert wird und zu viele Rennstarts nacheinander nachteilige Auswirkungen haben.)

Stoppie-Control

Während beim Wheelie das Vorderrad überwacht wird und die Eingriffe in die Gasannahme dafür sorgen, dass das Vorderrad so gerade eben am Boden bleibt, liegt beim Stoppie der umgekehrte Fall vor. Hier hilft der Assistent durch Regulierung des Bremsdrucks dafür, dass das Hinterrad beim starken Bremsen nicht abhebt.

Stoppie
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Nutzen von Wheelie- und Stoppie-Control

Profitieren können von einer Abhebekontrolle Fahranfänger und Profis gleichermaßen. Während Ersteren die Gewöhnung an leistungsstarke Maschinen erleichtert wird, greifen Letztere im Rennsport bevorzugt und bewusst zu beiden Techniken und bringen sie zum Einsatz, um bei wechselnden Umgebungen (Kurven, Hügel) die größtmöglichen Beschleunigungs- und Bremswerte erreichen zu können.

Ride-by-Wire

Ride-by-Wire ist das moderne Äquivalent zum traditionellen Gaszug. Die Dosierung der Leistungsabgabe erfolgt hier statt über einen herkömmlichen Bowdenzug über ein Potenziometer, ähnlich einem Musikanlagen-Verstärker. Das Potenziometer sitzt im Gasgriff und meldet die Änderungswünsche der Fahrerin zunächst an die ECU, die wiederum die für den Gaswunsch nötigen Drosselklappenstellungen einleitet. Eine direkte Verbindung zu den Drosselklappen, wie beim Zugsystem, besteht nicht mehr.

Vorteil des Ride-by-Wires: Die Gasannahme kann einprogrammiert und starken Lastwechseln die Zähne gezogen werden. Damit ist das System auch gut geeignet, eine Art Anfahrtshilfe für Motorräder mit sehr viel Leistung zu sein. Die Verbindung beider Techniken ermöglicht es, die Drehmomententfaltung des Motors komplett vorprogrammiert und an die Fahrwerksgeometrie angepasst in der ECU zu hinterlegen.

Power-Commander

Der Power-Commander von DynoJet ist ein elektronisches Add-on zur Leistungsbeeinflussung. Hierbei handelt es sich um ein Modul samt eigenem kleinen Kabelbaum, das zwischen Einspritzung und ECU verbaut wird und über das sich die Einspritzwerte verändern lassen (Mapping).

Zu diesem Zweck bringt das Gerät eine Sammlung fertiger Kennfelder (sogenannte Maps) mit, beispielsweise für alle gängigen Auspuffanlagen oder zur Abstimmung der Gemisch-Elektronik bei Nachrüst-Traktionskontrollen. Die jeweils passende Map wird vom Anbieter vor dem Versand aufgespielt. Fehlen ihm die Grundlagen für ein Bike oder Zubehör-Bauteil müssen die passenden Werte vom Kunden ermittelt werden, idealerweise auf einem Prüfstand.

Großer Vorteil des Elektro-Add-on: Das neue Mapping wird nicht permanent in der ECU abgelegt und die serienmäßigen Werte eines Bikes erlangen sofort mit Entfernung des Power-Commanders wieder Gültigkeit. Großer Nachteil: Da das Add-on einen Eingriff in Abgasverhalten und Motorleistung darstellt, erlischt die Betriebserlaubnis bis zur erfolgreichen Abnahme durch eine Prüforganisation und eine Eintragung in die Fahrzeugpapiere.

Fahrmodi

Das Zusammenspiel von Traktionskontrollen, ABS, Motormappings und automatischer Fahrwerksanpassung mündet bei vielen Motorradmodellen in vom Fahrer auswählbaren Fahrmodi. Ein Beispiel ist die Einstellung ‚Sport‘, um die volle Motorleistung abzurufen und auf den Untergrund zu bringen (bspw. durch zurückhaltende Traktions- und Bremskontrollen und härterem Federungs- und Dämpfungsverhalten). Ein anderes Beispiel ist ‚Enduro‘, bei der Einstellungen greifen, die vorteilhaft im Gelände sind: Das eher störende ABS wird stark verzögert (vorne) oder gar komplett abgeschaltet (hinten), die Dämpfung reduziert und die Traktionskontrolle (sofern regelbar) soweit heruntergeregelt, dass Drifts möglich werden. Ebenfalls oft zu finden: ‚Regen‘, eine Voreinstellung, bei der ABS sowie Traktionskontrolle sensibler reagieren, während die Gasannahme sanfter ausgestaltet ist.

Automatische Fahrwerksanpassung

Wo Motorradfahrer früher generell nur dann am Fahrverhalten ihrer Untersätze herumfummeln konnten, wenn sie sich mindestens mit einem Hakenschlüssel bewaffnen und gerne zig Kombinationen aus Federung/ Dämpfung/hinten/vorne ausprobieren, reicht heutzutage der Druck aufs Knöpfchen.

Vorausgesetzt, die Käuferin ist bereit, genügend Bares auszugeben, regelt dann Elektronik, wofür andere noch Klicks zählen müssen. Stellmotoren richten dabei Federvorspannung und Dämpfung automatisch neu aus, um das Federungsverhalten von Gabel und Federbein an unterschiedliche Beladungen und Untergründe anzupassen. Sogenannte ‚aktive Fahrwerke‘ benötigen hierfür nicht einmal mehr den Piloten und justieren das Ansprechverhalten des Federungssystems selbsttätig an Tempo und Fahrbahnoberfläche aus.

Motormappings

Mit Motormappings sind jene Einstellmöglichkeiten gemeint, die über die Einspritzung direkten Einfluss auf die Gasannahme haben. So regelt die Steuerung bei Regen beispielsweise die Leistung herunter, damit das Bike auf nasser Fahrbahn verhaltener beschleunigt, während bei trockener Umgebung alles auf die Straße gebracht wird, was der Motor hergibt – möglicherweise gezügelt durch andere Fahrassistenten, aber immerhin theoretisch.

Sonstige Fahrassistenten

Weitere elektronische Fahr- oder zumindest Sicherheitsassistenten sind:

  • Reifendruckkontrollsysteme (RDK), die (im Ventil eingeschraubt) vor einem zu geringen Luftdruck warnen.
  • Über Schräglagesensoren gesteuertes Kurvenlicht, das über bewegliche Reflektoren die Fahrbahn besser ausleuchtet.
  • Totwinkelwarner, die Fahrzeuge auf der Nebenspur anzeigen.
  • E-Call-Systeme, die, fest ins Motorrad verbaut, einen Sturz erkennen und einen Notruf absenden.

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