OEM, Aftermarket

Motorradfahren ist ein teurer Spaß. Nicht unbedingt bei Steuern und Versicherung, aber bei der Anschaffung und danach beim Versuch, den Zahn der Zeit aufzuhalten. Hierbei spielen verschiedene Faktoren ihre jeweils eigenen Rollen, bspw. ob das Bikerleben als Werkstattgänger oder Selbstschrauber betrieben wird, ob man lieber off- oder online einkauft und ob frau eher zu OEM- oder Aftermarket-Produkten tendiert.

Was sind OEM-/Aftermarket-Produkte?

Wer es gewohnt ist, selbst zu schrauben und Interesse daran hat, günstig an qualitativ gute Ersatz- und Verschleißteile zu kommen, kennt ihn gut, den Unterschied zwischen OEM und Aftermarket. Selbst die Dranschrauber wissen meist Bescheid, wenn es darum geht, möglichst viel Design für möglichst wenig Geld zu bekommen.

OEM steht dabei für ‚Original Equipment Manufacturer‘, was vom Wort her so viel heißt wie ‚Erstausrüster‘ oder ‚Originalgerätehersteller‘ sowie vom Marketinggehalt her belegen soll, dass ein Markenprodukt qualitativ überzeugend ist und sich Verbraucher hinsichtlich Passform und Leistungs- sowie Sicherheitsstandards auf der sicheren Seite wissen dürfen. Als Begründung wird angegeben, dass die Teile aus denselben Produktionstrecken stammen, die auch für die Originalteile zuständig sind, ob nun vom Motorradhersteller direkt oder einem lizenzierten Zulieferer.

Und tatsächlich: Der größte Vorteil von OEM-Produkten ist ihre Passform, was aber nicht überraschen mag, da sie als Ersatzkomponenten speziell auf bestimmte Fahrzeugmodelle zugeschnitten sind. Außerdem sollen sie eine höhere Qualität und eine längere Lebensdauer quasi als Geburtsrecht aufweisen.

Aftermarket auf der anderen Seite steht für, naja, Aftermarket halt, ein Markt, der ausschließlich aus Nachbauten besteht. Diese stammen von Drittanbietern und können, müssen aber nicht die gleichen Qualitätsstandards wie OEM-Produkte erfüllen. Je nach Anbieter sind sie möglicherweise weniger sorgfältig gefertigt und halten nicht so lange durch. Auf der Habenseite steht, dass die Anbieterkonkurrenz in den jeweiligen Segmenten größer ist als im OEM-Markt und die ohnehin im Vergleich niedrigeren Preise für Neu- wie Ersatzanschaffungen zusätzlich niedrig hält.

Zusammengefasst liegen die Unterschiede zwischen OEM- und Aftermarket-Produkten somit im Wesentlichen in Herkunft, Passform, Qualität und Preis:

 OEMAftermarket
HerkunftMotorradhersteller oder lizenzierter Zulieferer für das jeweilige ModellDrittanbieter
QualitätErstausrüsterqualitätVariabel, von sehr hochwertig bis mittelmäßig bis schlecht
PassformSehr hochSehr gut bis gut, nicht immer 100 %
PreisMeist hoch bis sehr hochGünstig bis sehr günstig
GarantieHerstellergarantieGesetzlich geregelte Gewährleistung
VielfaltGeringOf große Auswahl an Designs, Materialien, Marken

Sind Aftermarkt-Produkte schlechter?

Die Frage, ob OEM-Produkte tatsächlich immer die besseren Eigenschaften besitzen und ob Nachbauten generell nichts taugen, beantworten Motorradfahrer unterschiedlich, je nachdem, ob sie der Spar- oder der ‚Wer billig kauft, kauft doppelt‘-Fraktion angehören. Recht haben beide (oder keiner, je nachdem, wie man es sehen will), denn je nach Ersatzteil kommt man nicht umhin, zu differenzieren.

Zunächst gilt generell:

  • Bei unbedingt passgenauen sowie sicherheitsrelevanten Ersatzteilen wie Bremsen oder Fahrwerk sollte man auf OEM oder zumindest einen hochwertigen Markenhersteller setzen.
  • Bei Spiegeln, Hebeln, Auspuffanlagen oder anderen Custom-Komponenten sind (nicht zwingend) hochwertige Aftermarket-Alternativen meist die bessere Option. Überhaupt werden Wünsche nach mehr Individualität und Performance vom Aftermarket sehr viel besser – und vor allem preisgünstiger – bedient.
  • Abstand halten sollte man von eindeutigen Billigartikeln, die nicht einmal rudimentär überprüft ins Land gespült werden und über keine Prüfzeichen wie TÜV, ECE oder ABE verfügen. Bekanntestes Beispiel sind hier wohl die Bremshebel aus dem asiatischen Raum, die für ein paar Euro zu haben sind und sehr gut aussehen – aber das Risiko bergen, bei härteren Bremsmanövern abzubrechen.

Es gilt aber auch:

  • Was die OEM-Produkten nachgesagte höhere Qualität bzw. längere Lebensdauer gegenüber Nachbauten betrifft, sollte dies von Einzelfall zu Einzelfall individuell eingeschätzt und beurteilt werden. Es ist durchaus möglich, dass eine ab Werk verbaute Komponente bereits im Auslieferungszustand Qualitätsmängel aufweist.
  • Wie OEM-Produkte nicht notwendigerweise als Maß der Dinge gelten müssen, kann es auch im Aftermarket anders herum kommen und dann stellen die Nachbauten die Originale nicht nur beim Preis in den Schatten, sondern auch hinsichtlich der verwendeten Materialien und des Fertigungsprozesses. Vom Design ganz zu schweigen. Wer hier zu vergleichen gelernt hat, fährt besser. Wortwörtlich, denn für viele OEM-Produkte wie Bremsbeläge, Ölfilter, Luftfilter, Benzinfilter, Antriebsketten und andere wichtige Komponenten existieren hochwertige Aftermarket-Alternativen, die der Originalqualität in nichts nachstehen.
  • Die Mondpreise, die für manche OEM-Komponenten aufgerufen werden, rechtfertigen oft den Rückgriff auf Alternativen, selbst wenn diese nicht so lange haltbar sind wie das Original.

Wo kaufe ich was?

Soll es ein Original-Ersatzteil sein, sind Werkstätten und Vertragshändler meist die ersten Anlaufstellen, allerdings auch die teuersten, da zusätzlich zum hohen Preis der OEM-Komponente ein je nach Verkäufer mehr oder weniger satter Aufschlag erhoben wird. Günstiger kommt man im Internet weg, wenn man einen für sein Bike zuständigen Lieferanten von OEM-Teilen gefunden hat.

Bei Aftermarket-Produkten ist die Verkäufer-Auswahl ungleich größer, darunter die üblichen Verdächtigen wie Louis oder Polo, die mit etwas Glück auch gerade eine Gutscheinaktion gestartet haben. Außerdem sind sie im Internet erreichbar – wie etliche andere Onlineshops, die nicht nur eigene Websites betreiben, sondern ebenso auf Plattformen wie eBay zu finden sind. Wegen des höheren Konkurrenzdrucks bieten Letztere ihre Waren dort oft sogar günstiger an als auf den eigenen Websites und übernehmen obendrein die Versandgebühren.

Noch mehr Einsparpotenzial liefern nur Schrottplätze und die Anbieter von Gebrauchtteilen. Achte aber darauf, dass sicherheitsrelevante Komponenten wie Bremsen und  Lenker aus Sicherheitsgründen immer neu angeschafft werden sollten – es sei denn, es bestehen keine anderen Möglichkeiten mehr, wie bei Oldtimern, deren Ersatzteillage oft schwierig ist.

Augen auf beim Onlinekauf

Um dich vor Fehlkäufen zu schützen, bestelle so genau wie möglich:

  • Achte darauf, dass die Fahrzeugdaten zur Bestellung passen. Meist gibt es Eingabefelder für Eintragungen aus dem Fahrzeugschein, um ein Fahrzeug zu identifizieren. Nutze sie. Bestellsicherheit bieten auch die Fahrgestellnummer (VIN) und (in Grenzen) eine genaue Modellbezeichnung. Ist die originale Teilenummer (OEM-Nummer) bekannt, kann diese ebenso hilfreich sein, einen passenden Ersatz zu finden.
  • Schätze deine Schrauberfähigkeiten realistisch ein. Suche im Netz nach Reparaturanleitungen, um die notwendigen Schritte zu lernen.  Manche Teile passen technisch, sind aber nur sehr schwer und/oder mit speziellem Werkzeug zu montieren 

Was den Onlineshop betrifft, recherchiere ebenfalls ein wenig im Vorfeld:

  • Sei dir im Klaren, dass Suchergebnisse mit Preisen, die spürbar unter den üblichen liegen, oft direkt zu Fakeshops führen. Um sie auszufiltern, starte eine Suche mit Begriffen wie ‚ist XXX vertrauenswürdig?‘. Hilfreich sind auch Websites wie der Fakeshopfinder der Verbraucherzentrale.
  • Achte auf Seriosität mit klaren AGBs und einem Impressum mit Anschrift und Telefonnummer.
  • Prüfe die Rückgabebedingungen: Gute Anbieter gewähren Rückgaberecht, moderate Liefer- und Rücksendekosten und Garantie – das schützt dich bei Fehlkäufen oder Defekten.
  • Achte auf Zulassungsbeschränkungen: Manche Shops verstecken Hinweise bezüglich der legalen Verwendbarkeit ihrer Artikel hinter Sternchen oder im Kleingedruckten. Achte bei Aftermarket-Teilen wie Auspuffanlagen, Beleuchtung oder Bremsen auf ABEs und ECEs. Ohne diese kann die Betriebserlaubnis deines Motorrads erlöschen.

Weiter gut zu wissen:

  • Produkthaftungsgesetz: Hersteller und Händler haften für Schäden, die durch fehlerhafte Teile entstehen – auch bei Aftermarket-Produkten.
  • Gewährleistung: Du hast als Käufer Anspruch auf die übliche gesetzliche Gewährleistung, auch bei Drittanbietern.
  • Ersatzteilverfügbarkeit: Für OEM-Teile gibt es laut EU-Vorgaben eine Mindestverfügbarkeit von 7 Jahren für alle Ersatzteile, für Aftermarket-Produkte, die aus verschiedenen Komponenten bestehen, besteht keine einheitliche gesetzliche Pflicht.

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