Während hierzulande seit ein paar Monaten diskutiert wird, ob ältere Fahrzeuge (ab 10 Jahren) jedes Jahr zu Hauptuntersuchung (HU) vorgeführt werden sollten (aus Sicherheitsgründen, natürlich), schreitet Portugal in die andere Richtung. Dort entschied sich das Lissaboner Parlament kürzlich generell gegen die Einführung technischer HUs für Motorräder.
Massiver Widerstand der portugiesischen Biker
Immerhin, von heute auf morgen kam es nicht zu der aus deutscher Sicht vermutlich ungewöhnlichen Entscheidung. Zehn Jahre hatte man zuvor mit dem gut organisierten Widerstand der dortigen Motorradfahrer gerungen und versucht, Zwangschecks für Zweiräder einzuführen, zuletzt als nationale Umsetzung einer europaweit geltenden EU-Richtlinie. Letztendlich respektierte das Parlament aber doch den Mehrheitswillen, der sich über die Jahre mit beeindruckenden Demonstrationen und direktem Einfluss auf Abgeordnete behaupten konnte, und übernahm die Sichtweise der portugiesischen Biker. Nicht zuletzt wegen einer unter ihrem Druck in Auftrag gegebenen Studie, die belegte, dass nur 0,3 Prozent aller Motorradunfälle im Land auf technisches Versagen der beteiligten Maschinen zurückzuführen waren.
„Dies ist zu wenig, um ein Gesetz auf den Weg zu bringen, dass die Verkehrssicherheit von Motorrädern sicherstellen soll“, argumentierten nun auch die Abgeordneten und schlagen stattdessen alternative Maßnahmen vor, wie die Straßen für Motorradfahrer real sicherer gemacht werden können, bspw. durch das Verbot von Rüttelschwellen in Kurven, die Verwendung von rutschfesten Materialien im Straßenbau, die Kennzeichnung von Unfallschwerpunkten und gefährlichen Untergründen (Gleise, Kanaldeckel) und die Einführung von Unterfahrschützen bei Leitplanken – eine Maßnahme für die die private Initiative MEHRSi hierzulande bereits seit Jahren kämpft.
Motorrad-Sicherheit in Deutschland
Wer MEHRSi kennt, weiß, dass die Überzeugungsarbeit in Sachen Unterfahrschutz eine Heidenarbeit ist, wahrscheinlich, weil die Uhren in Deutschland anders ticken. Hier benötigt man viele Jahre zur Erprobung neuer Streckenführungen in Kurven und übt sich ansonsten darin, die Unfallzahlen Geldbeutel-günstiger durch Strecken- und zeitliche Fahrverbote zu realisieren. Der Gedanke, unter dem Deckmantel der Fahrsicherheit für sich und andere auch die HU-Intervalle für ältere Motorräder drastisch zu verkürzen, ist bei dieser Sichtweise nur logisch und praktischerweise eine Win-Win-Situation: Die Maßnahme kostet kein Geld und spült obendrein den privatisierten technischen Überwachungsvereinen weitere Einnahmen in die Kassen.
Zwar steht es noch in den Sternen, ob die HU für ältere Autos auch tatsächlich öfter fällig wird, aber kippt die Hürde, wird es auch für Motorräder eng. Die Erfahrung zeigt, dass Einnahmequellen sehr schnell erweitert werden, sind sie erst einmal ohne viel Widerstand akzeptiert worden.
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Quelle: Motorrad Online – Motorradfahrer feiern – Kein TÜV in Portugal
Neue Fahrbahnmarkierung: Betreute Kurvenlinien für Motorradfahrer
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