Das sprechende Auto K.I.T.T. vom DDR-Mauer-Zerschmetterer Hasselhoff war mal Science-Fiction, aber selbst innerhalb dieses Genres nix dagegen, was moderne KI in Motorrädern an intelligenten Funktionen mitbringen. Gleichwohl, manchem mag der Gedanke befremdlich vorkommen, dass moderne Motorräder in gewisser Weise ‚intelligent‘ sein sollen, aber irgendwie muss man es benennen, wenn etwas vorausschauend, anpassungsfähig und höchst bemüht ist, widrige Umwelteinflüsse und Fahrfehler in den Griff zu bekommen.
Marketingsprech verwendet hierfür nach wie vor Sätze mit bekannten Wörtern aus der Vergangenheit wie ‚besondere Fahrerfahrung‘ und ‚erhöhte Sicherheit‘, aber ‚denken‘ ist so verkehrt mittlerweile nicht mehr. Insbesondere, weil die intelligenten Algorithmen neuerer Fahrassistenten deutlich leistungsfähiger sind als in den Anfängen von ABS und Traktionskontrollen und keine Mühe haben, auflaufende Informationen aus diversen Sensoren, Kameras, dem Motor, dem Fahrwerk und der näheren Umgebung zu sortieren, auszuwerten und gewinnbringend für Mensch und Maschine anzuwenden. In Echtzeit, versteht sich.
KI, die gute Nachricht
So überprüfen bei einem Collision Avoidance System (CAS) beispielsweise von einer KI gesteuerte Anti-Kollisionssysteme permanent die Straße vor dem Fahrzeug und zu den Seiten mit Radar und Kameras. Erkennen sie potenzielle Gefährdungen, bspw. einen auf die Fahrbahn hüpfenden Ball, warnen sie den Fahrer visuell oder durch einen Ton. Abhängig vom verwendeten System können sie sogar die Gasannahme zurücknehmen und die Bremsen automatisch aktivieren. Ins gleiche Horn stoßen Blind Spot Detection (BSD, Totwinkelwarner) und Adaptive Cruise Control (ACC). Während Ersteres ständig nicht einsehbare tote Winkel abscannt und dort vorhandene Objekte erkennt und anzeigt, justiert Letzteres Geschwindigkeit und Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug automatisch, je nachdem, wie sich der Verkehr vor einem verhält.
KI, die schlechte Nachricht
Damit nicht genug, registrieren und analysieren KI-Modelle nebenbei Fahrgewohnheiten, unter anderem in Bezug auf Geschwindigkeiten, Schräglagenverhalten sowie Gasgeben und Abbremsen. Im Idealfall einzig zum Wohl der Fahrer, die so ihre Performance steigern können, im wirklichen Leben vermutlich aber auch, um die gesammelten Daten an den Hersteller zu senden, der sie dann an Versicherungen und andere interessierte Parteien verkauft. Hilfreich hierbei sind nette Gimmicks wie die Anbindung ans Handy oder Navi, die freundlicherweise die Internetverbindung herstellen und als Dank ausplaudern, wohin man/frau gefahren ist. Ebenfalls mehr als nur eine Bedienungserleichterung: die Stimmenaktivierung von Fahrmodi, Bike-Einstellungen, Musik und Telefonaten, die nebenbei Emotionen preisgibt, also jene Daten, die zu den aussagekräftigsten und gewinnbringendsten gehören.
OK, die ganz großen Würfe dieser Mensch/Maschinenverbindungen scheinen noch Zukunftsmusik zu sein, weil sich angeblich die Sammel- und Analyseinfrastrukturen noch im Aufbau befinden, aber das waren die heutigen KI-Modelle, die seit ein paar Monaten von sich reden machen, vor kurzem auch noch: Zukunftsmusik. Zumindest wurden sie offiziell so gehandelt, während man sich hinter den Kulissen zielstrebig auf das Endprodukt zubewegte und hierzu über Jahre fleißig ‚Trainingsdaten‘ einsaugte – wobei ‚Trainingsdaten‘ nichts weiter als ein beschönigender Ausdruck für einen globalen Raubzug an geistigem Eigentum war und ist.
Will man das alles? Die Fahrassistenten schon, gerne auch KI-unterstützt. Wobei nicht nur sicherheitsorientierte Fahrer die immer besser werdenden Funktionen schätzen, weil sie helfen, gefährliche Situationen zu meistern. Auch die eher risikobereite Fraktion begrüßt in aller Regel Systeme, die ihr wettbewerbsorientiertes oder rein sportliches Fahrverhalten nach besten Kräften unterstützen. Was den Neuling hilft, hilft auch dem Ambitionierten, der dann alles einen Ticken schneller angeht, als er es normalerweise tun würde, bspw. eine langgezogene Kurve bei Regen mit 60 km/h, statt wie der KI-lose Freund (oder man selbst früher) mit 40 oder 50 km/h.
Was den neugierigen Blick über die Schultern der Fahrer betrifft, so scheiden sich die Geister. Den einen ist es egal, weil Sich-Gedanken-machen sowieso nix ändert, die anderen sehen der Entwicklung mit Bedenken entgegen.
Komplett autonome Motorräder, die nicht einmal an der Ampel umkippen, wenn man zu faul ist, die Füße auf den Boden zu setzen, können dabei vielleicht noch reizvoll sein. Ein wenig gruseliger ist hingegen bereits die Idee, Motorräder verpflichtend an smarte Städte anzubinden, die aus Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation und digitaler Verkehrsüberwachung und -leitung besteht. Oder letztendlich KIs in Motorsteuergeräten, die Gesichtszüge via Kamera analysieren und Konsequenzen daraus ableiten können – um bspw. autark zu entscheiden, einem unkonzentriert Ausschauenden besser ein paar PS vorzuenthalten. Alles mit edlen Absichten selbstverständlich, zum Wohle der Gemeinschaft und der Verkehrssicherheit.
Nicht vorstellbar? Oder nur in Ameisenstaaten wie Nordkorea? Bleibt abzuwarten. Motorradfahren war zwar in der Vergangenheit immer eng mit Jugend und Freiheitsdrang verbunden und deshalb eher wenig überwachungsaffin, die Szene spiegelt mittlerweile aber mehr die Wünsche der in die Jahre gekommenen Stammkundschaft wider – und die schätzt nun einmal Bequemlichkeit …






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